Die Seidenstrasse erleben in Kirgistan 2017
"The Ancient Silk Road Marathon 2017"
Lauf- und Wander- Erlebnisreise auf den Spuren Marco Polos
10. bis 20. Mai 2017 von Bernd Neumann – 2. Teil
Nach dem Marathon fahren wir zusammen ins Hotel um uns zu duschen und ein wenig auszuruhen. Wir haben aber heute Nachmittag noch einen Programmpunkt.
Bevor wir gemeinsam zum Abendessen fahren machen wir noch Halt bei den Felszeichnungen von Tscholponata. Nur 2km nordöstlich der Stadt befinden sich auf einer 42ha großen Fläche an die 5.000 Felsbrocken verstreut auf einem ehemaligen Gletscher. Diese Petroglyphen von Cholpon Ata sollen bis auf 2.000 v. Chr. zurückgehen.
Auf ca. 2000 Felsen sind meist Tiere dargestellt wie Pferde, Stiere, Ziegen, Wölfe oder Schneeleoparden. Man kann auf verschiedenen Steinen auch Jagdszenen oder zeremonielle Tänze erkennen. Auf einem großen Fels erkennt man Jäger die gemeinsam mit Leoparden mehrere Steinböcke verfolgen. Bei unserem Rundgang sehen wir auch große Steinkreise, Skulpturen, Grabhügel, Mauerreste und Gräber da hier früher ein heiliger Ort war wo die Schamanen ihre heidnischen Rituale abhielten. Jetzt gegen Abend kommen diese Felszeichnungen am besten zur Geltung da sie meist von der Abendsonne angestrahlt werden.
Anschließend fahren wir zu unserem gemeinsamen Abendessen in das empfohlene Afterrace-Lokal. Wie immer bestellen wir erstmal einheimisches Bier bevor wir dann wie immer bestens bewirtet werden. Nils führt noch eine interne Siegerehrung durch und siehe da es werden viele von unseren Läufern geehrt weil sie unter die ersten drei Plätze in der Altersklassenwertung gekommen sind. Dann kommt die Überraschung, beim Marathon gibt es eine Altersklassenwertung 60+ und so werden Hans für den 1. und ich für den 2. Platz in der AK geehrt und das für mich noch ein Umschlag mit 2.000 Com dabei waren war ganz unerwartet. Super toll, nach 30 Jahren Marathon das erste Preisgeld. Dann gab es noch Musik und es wurde eine ganz tolle Party, denn die ganzen Sportler vermischten sich auf der Tanzfläche und so ganz nebenbei wurden die strapazierten Muskeln vom Lauf noch gelockert. Es war ein sehr schöner Abend mit viel Spaß und ganz tollen Gesprächen über die Grenzen mit Einheimischen und Japanern.
Heute am Sonntag fahren wir weiter am Nordufer vom Yssykköl-See gen Osten. Auf unserem Tagesplan stehen heute der Besuch einer Pferdezuchtfarm mit Mittagessen und der Besuch des Przewalski Museums und Denkmal in Karakol.
Unsere Fahrtstrecke führt uns die gestrige Marathonstrecke entlang und dann weiter immer am See entlang wo wir durch kleine Dörfer kommen wo Markttag ist.
Unterwegs machen wir einen Fotostopp und können so die herrlichen weißbedeckten Berge fotografieren. Dann geht es weiter runter von der Hauptstraße und hinter einigen Hügeln über die Staubpiste erreichen wir die Pferdezuchtfarm.
Wir werden ganz herzlich begrüßt und der Chef freut sich unserer Gruppe seine stolze Pferdezucht präsentieren zu können.
Wir gehen auch gleich in den Pferdestall wo er uns seine wunderschönen Pferde präsentiert, denn bei den Kirgisen hat das Pferd einen sehr hohen Stellenwert und die ganze Nation ist stolz auf ihre hervorragenden Pferdezüchter. Man sagt, dass hier die Kinder bevor sie laufen lernen schon reiten können. Über 3.000 Jahre züchteten die Kirgisen als Reiter- und Nomadenvolk Pferde die sich dem rauen Nomadenleben angepasst haben. Das kirgisische Pferd war ein kleines wendiges Pferd für die schmalen Pfade in diesem bergigen Land. Mehr als 70 Jahre Kommunismus veränderten aber das Nomadenvolk und es wurde zwangsweiße sesshaft gemacht. Die Sowjets kreuzten die kirgisischen Pferde mit ihren russischen Rassen um sie zu Schlachtfleisch zu machen. Viele der Kirgisen schlachteten lieber ihre Lieblingstiere als sie gegen Hühner einzutauschen. Es gelang aber auch vielen Tieren die Flucht in nahen Tianshan-Berge.
Nach dem Zusammenbruch des Sowjetsystems waren viele der Nomadentraditionen verloren, nur die Liebe zu ihren Pferden konnte das Regime nichts anhaben und so begann man wieder Pferde zu züchten. Heute sieht man auf vielen Feldern noch das Pferd als Arbeitstier und auch in den Dörfern als Transport- und Reitpferd. Seit einigen Jahren gibt es als kulturelles Erbe auch wieder die Reiterspiele wie vor hunderten vor Jahren.
Diesen Stolz präsentiert uns auch der Pferdezüchter in seinem Stall. Damit wir auch mal sehen was seine prachtvollen Pferde alles können gehen wir zur Koppel die gleich hinter dem Stall ist. Aus Sicherheitsgründen müssen wir hinters Gitter. Dann zeigen die zwei jungen Pferdewirte uns die ganze Pracht der heutigen Pferdezucht.
Die stolzen Pferde wurden im vollen Galopp durch die Koppel gejagt und mussten dann wenige Meter vor dem Gitter stoppen. Es ist schon toll diese wunderschönen Tiere im vollen Galopp zu sehen.
Dann zeigten die jungen Männer uns, dass diese Tiere auch zum Kampf für ihre Reiterspiele ausgebildet werden. Nach Anweisungen der Männer zeigten die Tiere ihre Kraft um den Gegner wegzudrängen.
Nach den Reitervorführungen gingen wir weiter über die große Ranch. Auf einem großen Feld werden hier Pfirsiche gezüchtet.
Nur ein Stück weiter bekommen wir einen Fernblick über die herrliche Lage dieses Gestüts das von einem Fluss durchzogen wird.
Über einen schmalen Pfad umgehen wir die Flussbiegung und kommen zu einem Pferdeparadies. Auf einer sehr großen Wiese weiden die Pferde direkt am Fluss.
Schauen und laufen macht Hunger und Durst und so gab es unten am Fluss ein Picknick der besonderen Art. Für unsere Gruppe wurde eine Tafel aus Strohballen aufgebaut. Die Sitzgelegenheiten wurden mit schönen Decken in kräftigen Farben abgedeckt. Und dann kam das Essen wie immer das kein Millimeter Platz mehr war auf der Tafel. Wie schon auf unsere ganzen Reise gab es immer die traditionellen Speisen der Menschen die hier leben.
Nun heißt es Abschied nehmen und ab in den Bus mit kurzem Zwischenstopp bei den Ochsen, die uns wie auch alles andere hier mit sehr großem Stolz bezeigt wird. Dann geht es weiter in Richtung Karakol. Rund 10km nord-westlich von Karakol befindet sich ganz nahe am See das Przewalski Museum.
Den Namen Przewalski kenne ich, da in meiner Heimatnähe in einem Tierpark die Przewalski-Pferde nachgezüchtet wurden. Heute erfahre ich jedoch mehr über den russischen Reisenden und Forscher Nikolay Michailowitsch Przhevalsky. Er war einer der ersten Geografen und Forscher der die zentralasiatischen Länder ausführlich bereiste auf seinen vier großen Expeditionen und die Geografie, Flora und Fauna der Mongolei, China und Tibet beschrieb.
Hier nahe dem Yssykköl-See befinden sich in einem Park ein Museum und Denkmal. Im Museum werden wir mit einer kundigen Führerin durch die Räume geführt und ausführlich über das Leben und die Reisen vom russischen Soldaten Przewalski informiert.
Im ersten großen Raum steht ein riesiger Globus und eine große Karte seiner Expeditionen überspannt eine ganze Wand. Der russische Offizier war einer der bedeutendsten Entdecker und Geografen des Zaren. Bei einer seiner Reisen entdeckte er das kleine Pferd, das dann später nach ihm benannt wurde.
Przhevalsky entdeckte über 200 Pflanzenarten und sammelte mehrere Tausend Arten von Pflanzen, Tieren sowie auch Vögeln und Fischen. Hier im Museum sind viele seiner Aufzeichnungen, Bücher und Gegenstände seiner Reisen zu sehen. Interessant sind auch zwei große Wandbilder. Die Perspektive verändert sich wenn man an den Bildern von links nach rechts geht.
Er starb am Vorabend seiner fünften Expedition am Typhusfieber und wurde hier in der Nähe begraben. Im Park befindet sich auch auf der Seeseite ein Denkmal von ihm.
Anschließend sind wir nach Karakol, der ehemaligen russischen Militärbasis vor China, gefahren. Unser Hotel Green Yard liegt im südlichen Teil der Stadt.
Am Abend gab es wie immer Essen außerhalb vom Hotel. Anara hat uns diesmal zu einer dunganischen Familie geführt. Hier gab es wieder viele leckere Speisen aus der dunganischen Küche. Die Dunganen sind Hui-Chinesen die während der muslimischen Aufstände in den 70er und 80er Jahren des 19. Jahrhunderts (über 10Mill. Tote) aus China flohen. Weltweit gibt es etwa 110.000 Dunganen wo die meisten im Grenzgebiet von Kirgistan und Kasachstan leben. Sie sprechen noch heute als Hauptsprache dunganisch und russisch als Zweisprache. Auch heute Abend werden wir wieder kulinarisch verwöhnt bis der Tisch sich durchbiegt.
Das Nationalgericht der dunganischen Küche ist Lagman ein Gericht aus hausgemachten Nudeln mit scharfer Soße, Kohl, Zwiebeln und Tomaten. Mein Favorit sind die kleinen Teigtaschen mit Hackfleisch (Pelmeni).
An unserem 6. Reisetag steht eine Tageswanderung in die Berge nahe der chinesischen Grenze auf dem Programm. Dazu müssen wir eine längere Anfahrt hinnehmen. Es geht heute mit Kleinbussen weiter wegen der Straßenverhältnisse. Wir fahren in der Nähe von Jergalan von der asphaltierten Straße runter auf eine Piste wo nicht nur unsere Kleinbusse viel Staub aufwirbeln.
Dann kommt unser heutiges Fahrziel bzw. Start für unsere Wanderung in Sichtweite auf der anderen Seite vom Tal, das durch den Jyrgalan River geteilt wird. Wir fahren nach Jyrgalan (Dzhargalan) einen kleinen Ort der bis in die 90er Jahre vom Kohleabbau lebte. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam die Grube offiziell zum Erliegen. Viele Menschen verließen ihre Heimat und fanden zum Teil in Karakol Arbeit. Seit rund 4 Jahren haben die Bewohner mit Hilfe von ausländischem Kapital einen neuen Wirtschaftszweig für sich gefunden. Sie bauen Gästehäuser und holen Wander- Trekking und Wintersport-Touristen in das Tal.
Im Dorf steigen wir dann aus und jeder prüft nochmal seinen Rucksack wegen Essen und wichtig ob jeder genug Wasser mit hat. Dann kommt unser Guide der uns heute in die kirgisische Schweiz begleiten wird.
Noch im Ort überqueren wir einen reißenden Fluss jetzt und hier gibt es auch noch eine Brücke die uns trocken auf die andere Seite bringt. Kurz danach beginnt auch schon der Aufstieg der uns nach 1km auf eine große Weide- und Wiesenlandschaft entführt. Wunderschön hier, wirklich wie in unseren Alpen.
Das Tal ist für viele noch ein Geheimtipp in Sachen wandern, nur von der Natur umschlungen. Im Ort gibt es bis heute erst 64 Gästebetten die zum Teil noch in den Häusern der Bewohner sind. Auch die Hausfrau kocht für die Gäste. Wer es also noch einfach haben will ist hier genau richtig. Die Überreste vom Bergbau sieht man hinter dem nächsten Hügel schon nicht mehr. Wer die Natur und Ruhe sucht ist hier genau richtig.
Noch weit vor uns aber schon sichtbar ein Felsen mitten im Grünen. Als wir näher kommen sehen wir einen Granitbrocken der seitlich gesehen sogar ein Gesicht hat. Der Guide erzählt uns eine Geschichte wie hier auf den Felsen der große Nationalheld Manas mit seinem Pferd rauf ritt. Er zeigt uns dann auch die Spuren auf dem Felsen die das Pferd hinterlassen hat.
Unser Guide klettert dann auch diesem glatten Felsen hoch. Und wer noch, welche Frage Anara muss es auch versuchen. So eine Nomadentochter lässt sich doch nicht vor so einem Hügel schrecken und so ist sie auch alsbald oben. Da wir (Frau) Anara nun schon einige Tage kennen verwundert es keinen mehr.
Dann heißt es langsam runter kommen und weiter durch das Tal in Richtung der schneebedeckten Berge, die wir aber heute nicht erreichen werden. Auch wenn man das Gefühl hat man ist gleich da sind das meist mit vielen Stunden langsamen Aufstieg verbunden. Wir sind hier auch schon um 1.800 m Höhe und man muss seine Luft sich gut einteilen.
Auf unserem weiteren Weg müssen wir auch über Schnee klettern oder durch kleine Bäche waten. Hier gibt es keine Wanderwege wie bei uns wo alles perfekt für den Spaziergänger gemacht wird, hier ist Natur halt auch Natur.
An Stellen wo der Schnee den Wanderweg sperrt wird halt umgangen oder sehr abenteuerlich rübergegangen. Es geht aber dank der guten Mithilfe aller in der Gruppe immer gut.
Wir gehen gegen Mittag über eine alte Holzbrücke auf die andere Seite vom reißenden Fluss. Diesen Fluss können wir auf keinen Fall ohne
Brücke queren.
Dann im Schatten einiger Nadelbäume machen wir Mittagsrast und jeder packt sein Lunch-Paket aus. Wie so oft beginnt dann ein Tausch untereinander. Nach dieser Ruhepause gehen wir nun auf der anderen Seite vom Jyrgalan zurück.
Das dieser Weg viel beschwerlicher wird wie der Hinweg wissen wir jetzt noch nicht. Es geht auch wieder über Schneefelder und so mancher macht Bekanntschaft mit seinem Hinterteil im Schnee oder Matsch. Aber alles gut, nichts passiert. Und so geht es langsam weiter über Trails am Berg entlang.
Es ist hier oben in den Bergen ganz schön warm und so machen wir immer wieder mal einen kurzen Stopp um unseren Flüssigkeitshaushalt auszugleichen.
Nach einem längeren trockenen Stück müssen wir auch durch ein sehr sumpfig nasses Gebiet, also los egal wenn es nasse Füße gibt wird schon wieder trocknen.
So ca. 2km vorm Ort steht ein alter LKW mit der Schnauze im reißenden Fluss. Ob hier wohl jemand es wagen wollte an dieser Stelle den Fluss zu überqueren oder war die Bremse nicht angezogen, egal für uns geht es weiter.
Dann so ca. 1km vorm Ort kommt dann doch noch die echte Herausforderung. Hier kommt ein breiter Bach vom Berg runter und versperrt uns unseren Weg zurück zum Dorf.
Jetzt hilft nur ein Einfall wie wir alle den Bach queren. Ein Teil zieht die Schuhe aus und geht durchs eiskalte Wasser. Einige andere wie auch ich springen an einer Engstelle über das Wasser. Alles gut gegangen war nicht ganz einfach.
Im Ort besteigen wir dann wieder unsere Kleinbusse und fahren die rund 60km zurück nach Karakol. Auf dem Heimweg begegnen uns Bauern die ihre Kühe auf der Straße heimtreiben. Das kenne ich noch aus meiner Kindheit bei uns im Dorf.
Am Abend waren wir wieder gemeinsam Essen in der Stadt. Anara hat für uns das beste Lokal von Karakol ausgesucht, das Ethnic Cafe Dastorkon. Im Internet wird die Einrichtung im Folklore Stil besonders hervorgehoben wie auch eine vegetarische Speisenkarte was in einem Fleischesser Land nicht üblich ist. Als Spezialität soll es hier auf Vorbestellung leckere Pferdefleischgerichte geben. Wir wurden wie immer bestens bedient mit vielen leckeren Speisen. Bevor wir das Lokal verließen erklärte uns Anara noch den Wandschmuck der im Zusammenhang mit dem Nomadenvolk der Kirgisen steht.
Heute am 7. Tag unserer Reise wollen wir uns zwei besondere Sehenswürdigkeiten der Stadt Karakol ansehen, die Dungan-Moschee und die hölzerne russisch-orthodoxe Kirche.
Die Stadt Karakol liegt zwischen 5 und 10km vom Ostufer des Yssykköl-See entfernt. Von Karakol aus nach Osten sind es nur noch 150km bis zur chinesischen Grenze. Im Zarenreich war Karakol 1860 eine vorgeschobene russische Militärbasis. Erst am 1.7.1860 wurde sie als Stadt gegründet und entwickelte sich da viele Forscher kamen um das Gebiet zwischen China und Kirgistan zu erforschen. Großen Zuwachs bekam die Stadt in den 1880er Jahren während der chinesischen Unruhen mit den Dunganen, die dann übers Gebirge (Torugart-Pass – 3752m) an den See geflüchtet sind. Heute leben hier knapp 70.000 Menschen vieler Nationen.
Beim Blick auf den Stadtplan sieht sie wie eine Retortenstadt aus, denn es gibt fast nur rechtwinkelige Straßenzüge. Da sich unser Hotel im Süden der Stadt befindet fahren wir mit dem Bus gen Norden zur Dungan Moschee. Anara weist uns auf die Holzverkleidungen an den Fenstern der vielen kleinen 1-2 Familienhäusern hin. Diese wären sicher auch ideal für Filmaufnahmen von Tolstois „Anna Karenina“ das Ende des 19. Jh. spielt. Wir wollen aber heute gegen Abend noch einen Rundgang zu Fuß durch die Stadt machen mit Anara.
Jetzt heißt es erst Mal Kultur pur. Wir betreten den großen Hof und blicken auf die rot-grün-gelbe Moschee mit dem daneben stehenden hölzernen Turm. Die Farben stehen für folgende kulturelle Konzepte, rot - schützt vor bösen Geistern, gelb - trägt zur Akkumulation von Reichtum bei und bringt Wohlstand und Grün - symbolisiert das Glück.
Erbaut wurde die Moschee im Stil der Tsin-Dynastie in den Jahren 1907-1970 von einem chinesischen Architekten und 20
Handwerkern. Das Besondere ist, dass das Gebäude komplett aus Holz ohne einen einzigen metallenen Nagel erbaut wurde. Ein Großteil der Bilder (z. b. ein Rad des Feuers) spiegelt die
vorislamische, buddhistische Vergangenheit der Dunganen wieder. Anstelle eines Minaretts wurde vor die Moschee eine Holzpagode gebaut. Die Reliefs zeigen verschiedene Pflanzenarten sowie auch
mythische Tiere wie den Drachen oder Phönix.
Wir dürfen die Moschee nicht betreten haben aber auch von außen einen Blick in den inneren großen Raum. Auch Anara erzählt uns wie immer viel über dieses außergewöhnliche Gebäude.
Anschließend fahren wir zur 2.-größten Sehenswürdigkeit der Stadt der orthodoxen Holzkirche. Eine orthodoxe Kirche in einem muslimischen Land? Das liegt an der Vergangenheit, denn im Zarenreich lebten hier viele russische Orthodoxen. Die orthodoxe Kirche versteht sich als älteste christliche Kirche, denn im 1. Jahrtausend gab es nur eine gemeinsame christliche Kirche. Erst im Jahr 1054 spaltete sie sich von der heutigen katholischen Kirche ab. Auch die Orthodoxen Kirchen haben Klöster für Nonnen und Mönche, wie ich auf Cypern gesehen habe. Eine besondere Rolle in der orthodoxen Kirche spielt die Verehrung, nicht Anbetung von Ikonen, weshalb auch in keinen orthodoxen Haushalt die Ikone fehlen darf.
Diese russisch-orthodoxe Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit wurde von gehauenen Stämmen 1894-1895 auf den Ruinen einer Ziegelkirche die 1889 einem Erdbeben zum Opfer fiel erbaut. Im Eingangsbereich gibt es sehr schöne filigrane Schnitzereien. Darüber befindet sich der Glockenturm. Auf dem Dach gibt es vier vergoldete Kuppeln.
An der Kirche wird viel restauriert was auch dringend nötig ist, denn das Holz sieht schon sehr verblasst aus. Wenn diese Kirche auch weiterhin ein Eye-Catcher sein soll muss noch viel investiert werden.
Von innen sieht dies ganz anders aus, denn hier wurde schon viel wiederhergestellt. Leider ist das Fotografieren in Inneren der Kirche verboten. Wer eine orthodoxe Kirche betritt dem fallen gleich die vielen Ikonen sowie die Ikonastase (eine mit Ikonen geschmückte Wand vor dem Altarraum) auf.Hier in der Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit wird die wundersame Tikhvin-Ikone aufbewahrt. Sie ist vor 116 Jahren in Athen erschaffen worden. Einer Legende nach soll die Gottesmutter-Ikone noch zu Lebzeiten Marias von Lukas gemalt worden sein. Der Orthodoxe tritt bei der Verehrung der Ikone aus dieser Welt mit der göttlichen Welt in Verbindung. Der göttliche Glanz aus der Ikone scheint in unsere materielle Welt. Im Jahr 1889 wurde bei einem Erdbeben die Vorgängerkirche zerstört bevor acht Jahre benötigt wurden um diese Kirche in Holz komplett auf zu bauen. 1895 wurde sie geweiht. Durch viele Spenden der wohlhabenden russischen Bürger wurde die Kirche die schönste Kirche in ganz Turkestan. Anfang des letzten Jahrhunderts wurde das Gebäude sogar als Kohlenlager oder auch als Tanzsaal genutzt.
In Karakol gibt es einen der größten Viehmärkte im Land, nur leider heute nicht. Wir sind dann in der Stadt auf den Markt gegangen. Ganz typisch sind hier die Verkaufsläden in alten Containern. Überhaupt sehen wir im ganzen Land das viele der alten Container umgebaut werden zum Teil als Häuser oder Läden.
Hier auf dem Markt gibt es alles was der Kirgise täglich benötigt. Sehr interessant sind die schönen Muster auf den Broten. Das Gemüse das hier aus den umliegenden Feldern stammt gibt es in großer Auswahl.
Auf unserer Weiterfahrt kommen wir an einer Bushaltestelle an einer Gruppe Schulmädchen vorbei. Wir halten an und Anara fragt ein junges Mädchen ob wir sie mal ansehen bzw. ihre schöne Schuluniform bestaunen dürfen. Die Schülerinnen tragen ein schwarzes Kleid mit weißer transparenter Spitzenschürze darüber. Im Haar tragen sie große weiße Schleifen bzw. Pompons. Interessant ist auch das wir immer wieder Kinder vormittags oder auch nachmittags mit ihren Schuluniformen auf den Straßen gesehen haben. Das ist weil hier die Kinder zu unterschiedlichen Zeiten unterrichtet werden.
Rund 35 km von Karakol entfernt liegt der Jeti Oguz Canyon der ein geologisches Naturschutzgebiet ist. Links und rechts der Straße erheben sich rote Sandsteinhügel. Wir machen nach rund 12km Halt und steigen aus, denn Anara will uns das „Gebrochene Herz“ zeigen.
Vor uns erscheinen zwei rote Felsen die mit Phantasie wie ein gebrochenes Herz aussehen. Dazu gibt es die Geschichte, dass sich hier zwei Freier um das Herz einer schönen Frau bekämpft haben und dabei umgekommen sind. Daraufhin zerbrach das Herz der Schönen.
Gegenüber wird gerade ein Touristencafe gebaut. Wer sich das jetzt wie bei uns vorstellt liegt falsch, hier gibt es einen ausrangierten Container der wie ein kleiner Supermarkt ist. Davor gibt es Bänke und eine Jurte.
Wir fahren dann weiter ins Tal, denn wir wollen zur Mauer von Jeti-Öghüz. Wir machen Stopp in einer kleinen Siedlung und gehen einen Berg schräg hoch.
Um uns rum laufen Pferde frei herum. Kirgistan und Pferde gehört immer zusammen. Dann blicken wir übers Tal auf die andere Seite und eine außergewöhnliche geologische Sandsteinformation erblicken wir. Sie wird die Seven Bulls Mauer genannt. Sieben rote Sandsteinformationen ragen aus dem Grün in den Himmel. Den Namen bekamen sie von sieben Kälbern die hier in den reichen Weiden des Tals groß und stark wurden.
Es gibt aber auch noch eine andere Legende die besagt, dass vor sehr langer Zeit zwei mächtige Khane (die uns bekanntesten Khane sind Dschings Khan und Kublai Khan) dieses Gebiet beherrschten. Der eine Khan war besonders gierig und wollte die Frau des anderen Khan besitzen worauf er sie stahl (Brautraub???). Der andere Khan erklärte ihm daraufhin den Krieg und wollte seine Frau zurück. Den neuen Besitz würde er ihm nur tot wieder geben, er wird seine Frau wiederhaben aber sie niemals besitzen. Der böse Khan arrangierte ein großes Fest bevor er die Frau töten wollte. Es wurden für das Mahl sieben große rote Stiere getötet und anschließend erstach er die Frau. Aus der Wunde stürzte heißes karmesisches Blut das die Berge rot malte. Mit dem Blut ergoss sich kochendes Wasser aus der Frau und überflutete das Tal und alle Gäste sind dabei umgekommen. Die sieben Berge sind die sieben Stiere die hier im Tal liegen.
Weiter geht es vorbei an einer Adler-Falknerin weiter dem Fluss entlang ins Tal. Wir werden auch noch einen Falkner besuchen der Adler abrichtet. An einem schönen Platz machten wir unser Lunch-Picknick. Und wie so oft wurde wieder rege aus dem Lunch-Paket getauscht
Dann hieß es für uns auf zur Wanderung am Fluss entlang, denn wir wollten auf die Hochebenen wo die Kirgisen den Sommer über in Jurten leben und der Pferdezucht nachgehen.
Auf unserem Weg sind wir an Quellen vorbei gekommen wo in den Bäumen und Büschen Stofffetzen hängen. Diese „Wunschbäume“ gibt es in vielen Ländern der Erde. Je nach Land gibt es auch andere Wünsche. Oft sollen sie Frieden, Wohlstand aber auch Fruchtbarkeit bringen. Auch unser Weihnachtsbaum ist ein Wunschbaum „Der Erkenntnis“.
Dann kommen wir nach einer Stunde Fußmarsch auf ein kleines Plateau wo drei Jurten stehen. Im saftigen Grün sind viele Pferde am Weiden.
Hier am Plateau laufen viele kleine Fohlen um uns rum die so ca. ½ Jahr alt sind. Da Stuten nur einmal im Jahr trächtig sind und ihre Tragezeit 11 Monate dauert ist jetzt die Zeit wo die ersten von Milch auf Gras sich umstellen. Für sie es auch noch die Zeit wo die Stuten gemolken werden und die Stutenmilch verkauft wird als Zusatzeinnahme der Bauern.
Stutenmilch hat deutlich weniger Keime und weniger antientzündliche und antibakterielle Bestandteile wie Kuhmilch. Bei vielen Naturvölkern wird die Milch gegoren und dient zur Herstellung von Kumys (ähnlich wie Kefir). Die Stutenmilch wird auch bei Heilbehandlungen wie z.B. Tuberkulose und Blutarmut eingesetzt. Sie wird auch bei Kosmetika eingesetzt. Wir werden heute auch noch die Stutenmilch probieren.
Interessant ist natürlich auch ein Blick in die Jurten. Anara fragt nach und so können wir in eine der Jurten (türkisch Yurt = Heim) blicken. Von außen wirken sie meist nur grau durch das Wand- und Dachfilz. Im Inneren haben sie strahlend bunte Wandhänge. Beim Blick nach oben zum Mittelkranz kann man das Doppelkreuz der Nationalflagge sehen. Eine kirgisische Jurte hat einen Durchmesser von 600 bis 630 cm und eine Mittelhöhe von 380 bis 400 cm. Wer so eine Jurte gern bei uns haben will kann sie aus Kirgistan importieren für rund 6.000 €.
Die Kirgisen lieben ihr Nomadenlager in der unberührten Natur in den Bergen des Tien Shan. Und wenn die Stuten im Frühjahr zum ersten Mal gemolken werden gibt es ein Fest mit der Familie und den Nachbarn. Es wird ein Schaf geschlachtet und es gibt reichlich Essen und Trinken und es wird auch getanzt und gesungen.
Die kirgisischen Frauen sitzen zusammen und bereiten das Essen für die Familien vor. Die Männer sind unterwegs mit ihren Pferden bei den Stuten und Fohlen. Hier oben in den Bergen wird noch ganz einfach gelebt, denn was sie als Lebensmittel brauchen holen sie einmal die Woche mit dem Pferd im Dorf. Ein einfacher Verschlag mit Tüchern dient als Toilette abseits von den Jurten.
Dann kommen zwei junge Männer auf ihren Pferden zum Lager, denn es wird jetzt Zeit wieder die Stuten zu melken. Da die meisten Fohlen mehrmals pro Stunde trinken sind die Euter nicht so dick wie bei einer Kuh. Eine Stute von ca. 600kg Gewicht produziert bis zu 20 Liter Milch pro Tag (Kühe das doppelte), das nach 5 Monaten aber weniger wird. Erst wenn das Fohlen nicht mehr trinkt versiegt die Milchproduktion.
Nach mehreren Versuchen gelingt es dem jungen Mann eine Stute zu melken. Da ich bei so was immer neugierig bin trinke ich auch von der Stutenmilch. Mir schmeckt sie köstlich, aber wie so oft ist alles Geschmackssache. Bei uns wird Stutenmilch empfohlen bei Stoffwechselproblemen, unregelmäßigem Stuhlgang, Hautproblemen, zu hohem Cholesterinspiegel, bei Gelenksteifigkeit, Beschwerden bei Krebserkrankung und bei Menopause-Beschwerden.
Ende Teil
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Teil 3