1. Flensburg-liebt-Dich- Marathon 2017

Auf in Deutschlands dänischste Stadt nach Flensburg

04.06.2017 von Bernd Neumann

 Auf nach „Knöllerup“. Kennt ihr nicht, wohl noch nicht „Werner-Beinhart“ geguckt. Dort wird Flensburg so genannt. Zusammen gesetzt vom „Knöllchenort“ und rup für Dorf. Von mir sind es fast 500km bis an die dänische Grenze, denn dort liegt die Fördestadt Flensburg. Den meisten Menschen bzw. Führerscheinbesitzern ist Flensburg als die Knöllchenstadt bekannt, denn hier werden vom Kraftfahrt-Bundesamt die Punkte gespeichert. Auch der Erotikversand von Beate Uhse hat die Stadt bekannt gemacht und wer Durst hat kennt auch das Flens (Flensburger Bier) während fast jeder Sportinteressierte den Handballverein „SG Flensburg-Handewitt“ kennt. Nun kommt ein neues Sport High-Light dazu, der Flensburg liebt dich Marathon.

 Während Kiel und Eckernförde an Buchten liegen liegt Flensburg an einer Förde. Der Begriff Förde wird im glazialen Tiefland genannt, bei höheren Flanken wird die Bezeichnung Fjord benutzt. Hier am Ende der Förde liegt malerisch die schöne alte Hafenstadt. Eine Stadt mit einer spannenden Geschichte voller Turbulenzen, Blütezeiten und Neuanfängen - eine Geschichte, eng verbunden mit dem Nachbarland Dänemark und der dänischen Kultur, die auch heute noch sehr präsent ist. Das macht Flensburg zur einzigartigen Stadt der zwei Kulturen - mit einem ganz besonderen hyggeligen (gemütlich-nett) Lebensgefühl.

 Mit seinen 13 Stadtteilen hat Flensburg rund 86.000 Einwohner. Hier leben Menschen aus fast 150 Nationen von den rund 7.600 Ausländern sind 1/3 Dänen. In der Stadt gibt es mehrere dänische Schulen, dänische Kulturvereine sowie eine dänische Zeitung. Flensburg gehörte viele Jahrhunderte zum dänischen Hoheitsgebiet und kam ab 1864 zu Preußen. Die heutige Grenze zwischen den Ländern besteht seit 1920, aber die Verbundenheit zum Nachbarland ist noch immer zu spüren.

 Nun bekommt die nördlichste Stadt Deutschlands auch einen Marathon. Neben dem Bambini und Kidslauf gibt es hier die klassischen Längen von 42,2 km und 21,1 km sowie eine Marathonstaffel. Für die Premiere haben sich auf den verschiedenen Strecken 1431 Teilnehmer angemeldet. Für den Marathon haben sich über 400 Personen angemeldet von denen 340 gestartet aber leider nur 321 gefinisht haben. Die Veranstalter von Flensburg vergleichen sich mit Lübeck und konnten beim Marathon sogar eine Person mehr im Ziel melden.

 Ich fahre nach Hannover und übernachte bei Michael. Am nächsten Morgen geht es schon sehr früh weiter nach Flensburg. Um 9 Uhr ist Start und so müssen wir schon um 4:30 Uhr losfahren, denn von Hannover sind es auch noch rund 3 ½ Stunden Fahrt. In einem Parkhaus stellen wir das Auto ab und haben so nur rund 500m bis zur Flensburg-Galerie vorbei an der Nikolei-Kirche.

 Die Nikolai Kirche am Südermarkt ist die größte der drei Hauptkirchen. Die gotische Hallenkirche hat eine dreischiffige Stufenhalle deren Bau Ende des 14. Jh. auf den Grundmauern eines Vorgängerbaus erbaut wurde. Im Inneren ist vor allem das bronzene Taufbecken sehenswert. Im hinteren Teil prunkt die Schnitger-Orgel aus dem Anfang des 17. Jh. mit seinem reichen Renaissance-Schmuck.

 Neben der Kirche auf dem Südermarkt wird gerade das Ziel aufgebaut. Wir müssen jedoch noch ein Stück weiter zur Flensburg-Galerie, denn hier gibt es die Startunterlagen.

 Ich melde noch für den Marathon nach und muss 50€ bezahlen. Man drückt mir eine Startnummer in die Hand und das war‘s. Hier im Warmen sind viele Läufer die sich hier umziehen bzw. warm halten.

 Dann geht es raus zum Start der sich ein Stück weiter vom Ziel entfernt befindet, auf der Fußgängerzone Holm. Hier treffe ich auch wieder Läufer vom 100 Marathonclub. Mit den Brems- und Zugläufern gehen wir zum Startbogen.

 Von den gemeldeten 400 Marathonläufern sind nur rund 340 hier. Unser Kurs geht heute durch die Innenstadt und weiter um den Hafen und raus vorbei am Yachthafen entlang zur Marineschule Mürwick und zurück um den Hafen und Altstadt zum Ziel. Wir Marathonläufer müssen diese Runde auch 3 Mal laufen bevor wir zum gelben Zielbogen abbiegen dürfen. Die Zielzeit beträgt heute 6 ½ Stunden.

 Hinter uns Läufern steht das Schlussfahrzeug ein Fahrrad mit dem Schild „The End“. Ich sehe es heute nur jetzt und sonst auf der Strecke nicht mehr. Dann werden Tausend Luftballons in den Farben des Hauptsponsors in die Luft gelassen und wir starten in Richtung Südermarkt.

 Es geht vorbei an der Nikolaikirche und weiter über die Angelburger Str. zur Süderhofenden. Dieser Straße folgen wir dann weiter in nördliche Richtung vorbei am ZOB.

 Kurz hinterm Kilometerschild 1 kommt rechts der Hafen ins Blickfeld. Für uns heißt es jedoch noch weiter vorbei an der Hafenspitze bis zum Willy-Brandt-Platz. Nun wechseln wir die Straßenseite und laufen direkt am Hafenufer entlang zur Hafenspitze. Wir biegen nicht ab sondern laufen weiter bis zum Hafendamm auf den wir abbiegen. Dem folgen wir rund 2km immer parallel zum Wasser auf der Hauptverkehrsstraße die halbseitig für uns Läufer gesperrt wurde.

 Kurz vor Km 4 biegen wir ab und laufen über das Gelände des Klärwerks auf die Somwiker Promenade. Den nächsten Kilometer geht es direkt neben der Förde entlang bis zur Mole.

 Dann folgt über 1 Kilometer ein Anstieg. Es geht erst heftig einen Fußweg hoch (9% Steigung) bis zur Fördestraße und weiter aufwärts bis zur Marineschule. Am obersten Punkt biegen wir ab auf das Kasernengelände der Marineschule Mürwick, die Offizierschule der Deutschen Marine.

 Von der Wache aus laufen wir ein Stück aufs Gelände und biegen gleich beim 1. Sportplatz ab. Nun heißt es eine Runde über die Tartanbahn. Vorher werden die Staffelteilnehmer und die Marathonis getrennt.

 Am großen Gebäude der Sportschule oberhalb des Sportplatzes stehen viele Zuschauer und ein Sprecher moderiert hier den Lauf und feuert alle Läufer an. Erbaut wurde der Backsteinbau zwischen 1936 und 1937 und wurde als Marinedienststelle genutzt. Hier gibt es auch die 2. Versorgungsstation. Durch das gleiche Stadiontor verlassen wir die Sportanlage. Vom Sportplatz aus laufen wir direkt runter zu Marineschule. Kurz vorher sind 7km geschafft oder 1/6 des Marathons

 Der Gebäudekomplex aus rotem Backstein ist in Form eines Ankers erbaut. Im Volksmund wird sie auch Rote Burg an der Förde oder auch Rotes Schloss am Meer genannt. Die Schule wird von einem Flottillenadmiral als Kommandeur geleitet. Diesem Kommandeur untersteht auch das Segelschulschiff Gorch Fock.

 Wir laufen ein Stück um das Gebäude rum und kommen an die Fördeseite. Zur Wasserseite ist das Gebäude 200m lang an dem wir vorbei müssen. Rechts am Wasser auf der Admiralswiese finden jedes Jahr die feierlichen Vereidigungen statt.

 Wir müssen neben dem Gebäude noch eine kleine Wendeschleife laufen und haben so die Sicht auf den Turm und die Kommandeursvilla. Sie diente früher dem Kommandeur und seiner Familie als Wohnsitz.

 Sie stand lange Zeit leer und wurde Anfang der 90er Jahre erneuert und ist nun ein Wehrgeschichtliches Ausbildungszentrum mit über 10.000 Objekten. Jeden Dienstag von 14:00 bis 19:00 Uhr ist es auch für die Öffentlichkeit zugängig. Für uns geht es jedoch weiter runter zum Bootshafen.

 Wir verlassen das Gelände an der Wache und sind direkt neben der Mole. Nun geht es fast 2km parallel zum Hinweg am Yachthafen entlang. Die später gestarteten Halbmarathonläufer kommen mir auf diesem Stück entgegen. Sie müssen einmal die große Runde wie wir Marathonis laufen und eine verkürzte um auf ihre 21,1 km zu kommen.

 Wir folgen dem Fördeufer und haben einen Blick übers Wasser bis zur Stadt. Dann geht es an einer endlosen Schlange von Wohnmobilen entlang. Kurz vor Km 10 laufen wir am Yachting Heritage Centre (Haus der Yachtsportgeschichte) entlang und kommen dann direkt neben die Förde bis zur Hafenspitze.

 Kurz vor der Hafenspitze sind 11km vorbei und wir umrunden die Spitze wo sich jetzt viele Zuschauer befinden die uns auch kräftig anfeuern. Nun geht es am Hafen gen Norden.

 Wir laufen nun ca. 1km immer am Kai des Hafens entlang. Neben uns liegen viele historische Schiffe im Hafen wie der Salondampfer Alexandra von 1908. Er war Deutschlands letzter seegehender Passagierdampfer und gilt als eines der Flensburger Wahrzeichen. Als ständiger Gast hier im Hafen liegt der 1931 erbaute Haikutter Dagmar Aaen. Mit diesem Schiff hat Arved Fuchs die Nordost- und die Nordwestpassage durchfahren.

 Von hier gibt es auch einen schönen Blick über die Förde zur anderen Seite wo wir herkommen.

 An der Museumswerft sind es 12km die wir geschafft haben. Wir biegen ab in die Nordertor Straße.

 Dann steht das prächtige historische Tor vor uns. Es wurde zur Stadtbefestigung Ende des 16. Jh. aus roten Backsteinen erbaut. Über dem Bogen sind die Wappen von Christian IV und das Wappen von Flensburg. Das Tor ist nicht nur eines der Wahrzeichen der Stadt sondern 1966 wurde es auf der 30 Pfennig Briefmarke verewigt.

 Es geht durch das Tor und neben dem Phänomenta wieder runter neben den Hafen. Das Phänomenta ist ein Center das auf über 3.500 m2 mit einer Vielzahl von interaktiven Stationen zum Experimentieren einlädt. Wir sind hier am historischen Hafen und kommen am Schifffahrtsmuseum vorbei. Das Museum befindet sich im ehemaligen Packhaus. Das ehemalige Zollpackhaus wurde 1842/43 wurde nach Plänen von Meyer einem dänischen Bauinspektor erbaut.

 Im Keller gibt es ein Rum Museum das die Geschichte des Rumhandels in Flensburg zeigt. Eng verbunden ist auch die Ausstellung „Rum, Schweiß und Tränen“ das die Sklaverei und Ausbeutung der deutsch-dänischen Kolonialgebiete zeigt.

 Hinter Onkel Jule, einer Kneipe biegen wir ab in eine schmale Gasse mit groben Pflastersteinen. Es ist der Olof-Samsung-Gang. Die Gasse wurde nach dem Kaufmann Olof Samsung benannt weil er hier viele kleine Häuser für sozial schwächer gestellte Personen bauen ließ. Anfang des 17. Jh. wurden viele Gebäude durch die Schweden zerstört. Erst im 18. Jh. wo die Stadt zu neuer Blüte kam wurden auch die kleinen Häuser wieder aufgebaut und es lebten hier Schiffer und Handwerker. Nach dem 1. Weltkrieg wurde die Straße eine Vergnügungsmeile und die ersten Prostituierten zogen hier her. In den 70er Jahren wurden die meisten Häuser so nach und nach restauriert und wenn das letzte Haus fertig ist will man die letzten zwei Damen des Gewerbes hier raus haben.

 Es geht die schmale Gasse hoch bis zur Dänischen Zentralbibliothek für Südschleswig in der Norderstraße. Wir laufen nun die Norderstraße entlang in Richtung Nikolaikirche wo sich auch das Ziel befindet.

 An verschiedenen Stellen der Fußgängerzone sind Drähte über die Straße gespannt. Gestern wurden die Läufer aufgefordert ihre alten Laufschuhe darüber zu werfen. Sie werden morgen eingesammelt und gehen an soziale Werke nach Afrika.

 Wir kreuzen die Toosbüystraße. Kurz danach sehen wir die Marienkirche die hier direkt an die Straße grenzt. Sie wurde erstmals in einem Ablassbrief am 2.5.1284 des dänischen Bischofs Tycho von Aarhus erwähnt. Diese dreischiffige Hallenkirche wurde im gotischen Stil erbaut. Nach der Reformation 1526 entfernte man Jahre später papistische Bilder und schaffte einen neuen Hochaltar an der im Renaissancestil erbaut wurde. Später gab es auch noch größere neue Fenster und verschiedene Anbauten.

 Nur ein Stück hinter der Kirche befindet sich der Nordermarkt mit dem historischen Verbindungsbau Schrangen aus dem Jahr 1595. Auf dem Platz steht der Rokokobrunnen Neptun von 1758.

 Nur wenige Hundert Meter weiter steht die Helligåndskirken. Sie wurde 1386 als Teil des Hospitals zum Heiligen Geist gebaut. Diese zweischiffige Hallenkirche wurde nach dem Heiligen Geist benannt und hat im Inneren mittelalterliche Fresken. Sehenswert sind auch der Barock-Altar und mehrere Votivschiffe. Diese Schiffmodelle wurden von Seefahren gespendet weil sie aus höchster Not gerettet wurden was für sie göttliche Momente sind.

 Wir folgen der Straße weiter und kommen nach der nächsten Straßenquerung am Gnomenkeller vorbei. Das denkmalgeschützte Haus gehört zu den Kulturdenkmalen der Stadt durch seine gemalten Gnomen an Decken und Wände.

 Dann geht es durch das Starttor und es beginnt die 2. Runde. Meine Uhr zeigt mir 1:42 für das erste Drittel. Schneller als ich wollte, mal sehen wie die zweite Runde wird.

 Einige Zuschauer stehen hier und warten auf ihre Läufer. Für uns geht es weiter am Ziel vorbei und wieder runter in Richtung Hafen. An der Förde entlang durch die Marineschule und wieder Förde und Hafen sowie Altstadt.

 Dann kommt wieder das Starttor und es sind 2/3 vom Marathon rum. Nach 28km zeigt meine Uhr 3:38 immer noch sehr gut für mich. Ab in die 3. und letzte Runde.

 Ab Km 30 werden die Beine schwerer und ich muss meinem hohen Anfangstempo Tribut zollen. Es folgen Kilometer wo ich zwischen 9 und 10 Minuten für die restlichen Kilometer benötige. Aber bei einem Zielschluss von 6 ½ Stunden bin ich weit entfernt. Ich finishe meinen 13. Marathon in diesem Jahr nach 5:50:59.was längere Zeit mein letzter Marathon unter 6 Stunden sein wird.

 Hinterm Ziel werde ich mit einer schönen Medaille geehrt und es gibt noch ausreichend Getränke bzw. ein Bier für mich.

 Mein Fazit: Schöne und interessante Strecke die die Flensburger da ins Leben gerufen haben. Auch die drei runden sind für die Größe der Stadt genau richtig. Neben den vielen Sehenswürdigkeiten der Stadt die wir alle an der Strecke hatten kann ich nur nach 213 Marathons weltweit gratulieren. Weiter so und hoffentlich knackt ihr nächstes Jahr am 10. Juni 2018 die 500er Marke beim Marathon.

 Im Marathonziel waren beim 1. Flensburg liebt dich Marathon 321 Personen (55 Frauen und 266 Männer).

Marathonsieger:

Holger Wollny               M 45                SV Fortuna Bösdorf                  2:42:59

Michael Keil                  M 40                ALG Vfl Bokel                           2:46:40

Thorge Thomsen          M 30                SV Enge Sande                        2:47:15

Marathonsiegerinnen:

Heidi Egeberg               W 40                Team Charlie                            3:19:01

Lone Jensen                 W 35                                                                 3:27:11

Franziska Hansen         W 35                STV Sörup                               3:29:13