„ ... nix geht – alles Läuft beim Bremen-Marathon
06.10.2013 von Bernd Neumann
Nun gehe ich es endlich auch an, den Marathon in der Hauptstadt des Landes Freie Hansestadt Bremen. Bisher bin ich drei Mal in Bremerhaven gestartet auf drei unterschiedlichen Strecken.
Bremen die Hansestadt an der Weser mit einem eigenen Bundesland. Genauer gesagt bilden Bremen und die 60km nördlich gelegene Stadt Bremerhaven das Bundesland. Bremen ist die zehntgrößte Stadt der Bundesrepublik Deutschland mit ca. 550.000 Einwohnern.
Die Stadt hat schon sehr alte Wurzeln, denn zwischen dem 1. und 8. Jh. gab es die ersten Siedlungen auf einer langen Düne. Seit 1260 ist Bremen Hansestadt. Ihre Freiheit vom Bistum Bremen signalisiert sie durch den Roland (1404) und dem Rathaus (1409). Die Stadt hat eine große Vielfalt an Kultur- und Sehenswürdigkeiten. Die bekanntesten befinden sich direkt oder unmittelbar am Marktplatz, wie z.B. der Roland, das Rathaus, der Dom St. Petri, die Bremer Stadtmusikanten sowie die Böttchergasse und das Schnoorviertel.
Neben den Sehenswürdigkeiten haben die Bremer auch einige kulinarische Spezialitäten wie z. B. Braunkohl und Pinkel, Hochzeitssuppe, Bremer Labskaus, Bremer Kükenragout, Bremer Klaben, Bremer Rote Grütze, Babbeler, Bremer Kluten, Wickelkuchen, Knipp u.v.a.m.
Ich bin heute in die Hansestadt gefahren um zu laufen und leider nicht nur zum leckeren Essen. Es steht der 9. Bremen Marathon auf meinem Programm, der die Läuferschar auf einer großen Runde durch die Stadt führt. Bei einer Ausdehnung von 38 x 16km ist dies gut möglich in dem man den erweiterten Grüngürtel mit einbezieht.
Das Startgeld für den Marathon liegt zwischen 42€ und 65€ für Nachmelder. Im Preis sind eine Medaille und ein Funktions-Shirt enthalten. Die Veranstaltung ist auch wieder für Sammler oder langsamere Läufer bestens geeignet, denn für den Marathon ist das Zeitziel 5:45h (Start 9:45 Uhr Zielschluss 15:30 Uhr).
Mit dem Auto bin ich in 2 ½ Stunden von Kassel nach Bremen, so das ich erst am Morgen anreise. Parken kann ich in eine der Seitenstraßen am Wall. Die Startunterlagen gibt es heute Morgen ab 7:30 Uhr im swissótel, Hillmannplatz hinter den Wallanlagen unweit vom Startplatz.
Da ich noch nachmelden muss, gehe ich zuerst ins Hotel, wo sich im 1. Stock die Startunterlagenausgabe mit einer kleinen Läufermesse befindet. Um sich nachzumelden muss man an einem der Laptops seine Daten eingeben die dann ausgedruckt werden. Damit geht es weiter zum Nachmeldeschalter wo man bezahlt und seine Startunterlagen bekommt.
Dann mache ich mich auf den Weg zum Marktplatz. Hierbei muss man nur den vielen Läufern folgen. Das Meldezentrum und der Start- Zielbereich sind nur wenige 100m voneinander entfernt. Jetzt heißt es fertig umziehen und die Tasche abgeben.
Schon gegen 9 Uhr wird es auf dem Marktplatz voll. Die meisten wollen noch Fotos mit den Bremer Stadtmusikanten oder auch dem Roland machen.
Auch ich mache meine Fotos von den Bremer Stadtmusikanten und zwar die aus Bronze und vor dem Startbogen die aus Fleisch und Blut. Dann schaue ich mich auf dem Platz um, schieße noch ein paar schöne Fotos von den herrlichen Gebäuden hier im Wohnzimmer der Stadt. Dabei treffe ich Franz Lang aus der Steiermark. Er ist heute Zugläufer für 5h. Wir sind uns im Mai 2012 begegnet wo er in Kassel seinen 100. Marathon gelaufen ist.
Es ist 9:35 Uhr und die 10km Läufer starten auf ihren Rundkurs durch die Innenstadt. Dann sind es nur noch 10 Minuten bis unser Start erfolgt.
Es ist gleich 9:45 Uhr und der Platz um den Roland ist voll von Läufern, die sich jetzt auf die große Runde durch die Stadt begeben wollen. Schon unser Startplatz ist etwas Besonderes. Der Marktplatz in Bremen ist ein Gesamtkunstwerk an Bauten. Der Roland als Zeichen erbaut 1404 als Zeichen der Reichsfreiheit ist mit seiner Gesamthöhe von 10,21m die größte freistehende Plastik des deutschen Mittelalters. Sein Blick ist auf den St. Petri Dom gerichtet. Dieser ehemals romanische Kirchenbau aus dem 11. Jh. wurde 200 Jahre später umgebaut im gotischen Stil. Besonders sehenswert im inneren sind die barocke Kanzel und eine der letzten noch existierenden 32 Silbermann-Orgeln. Gegenüber dem gotischen Rathaus mit seiner unvergleichlichen Weser Renaissance Fassade steht das Schütting, das Haus der Kaufleute. Daneben geht es zur Böttcherstraße.
Ich stehe ganz hinten mit dem Rücken zum Dom und knipse die vor mir startende Meute. Erst 1 ¾ Stunden nach uns werden die Halbmarathonis starten die nur zum Teil auf unserem Kurs laufen werden. Für alle ist der Zielschluss heute 15:30 Uhr.
Wir verlassen das Wohnzimmer von Bremen über die Obernstraße. Nach rund 500m machen wir fast eine Kehrwende in die Martinistraße die uns runter an die Weser führt. Die Temperaturen heute Morgen sind um die 15 Grad, also herrlich zum Laufen. In der Nähe vom Wasser ist noch Nebel der uns auch noch eine Zeit begleiten wird.
Wir umlaufen die Altstadt, die gesäumt von klassizistischen Prachtbauten, Renaissancehäusern und vielen Villen aus der Gründerzeit ist.
Nach rund 150m verlassen wir jedoch schon wieder die Weser und biegen auf den Alten Wall ab. Diese ehemaligen Wallanlagen waren zum Schutz der Stadt die damals als Runddorf angelegt war. Im 17. Jh. wurden die Wallanlagen ausgebaut und verstärkt.
Wir folgen dem Wall der heute ein öffentlicher Park ist in nördliche Richtung. Hinter dem Herdentor (ehemaliges Stadttor aus dem 17. Jh.) steht auf einer Höhe der Wallanlage die Herdentorsmühle, die noch bis 1947 als Getreidemühle in Betrieb war. Der fünfgeschossige Galerieholländer hat vier Jalousieflügel mit einem Durchmesser von 24m. Den Wallanlagen entlang gibt es mehrere Skulpturen.
An der nächsten Kreuzung heißt es links ab auf die Bürgermeister Smidt-Straße. Dr. Johann Smidt verhandelte jahrelang mit dem Königreich Hannover zwecks Landabtretung zum Bau eines Hafens (Bremerhaven) direkt an der See.
Wir überqueren die Weser und die Kleine Weser die hier noch durch den Teerhof getrennt sind. Auf dieser Halbinsel befindet sich die Weserburg, das Museum für moderne Kunst in vier ehemaligen Speichergebäuden.
Über die Wilhelm-Kaiser- oder Große Weserbrücke überqueren wir die Kleine Weser. Auf dem Werder geht es jetzt auf der Weserseite vorbei am Stadtwerderpark. Bei den vielen Kleingärten die durch viel Grün gesäumt sind geht es quer durch auf die Seite der kleinen Weser. Viele Anwohner sind heute Morgen schon auf den Beinen und feiern die Marathonis.
Nun folgen wir dem Werdersee ein Stück und überqueren ihn über eine kleine Brücke. Auf der anderen Seite folgen wir nun dem Werdersee südwärts. Kurz hinter der Brücke ist eine fahrende Disco die die Zuschauer und auch die Läufer anfeuert. Auch hier wie während des ganzen Laufes werden auch die langsamen Läufer von den vielen netten Bremern angefeuert.
Durch meine viele Fotografiererei verliere ich immer wieder Franz um den sich eine kleine Gruppe von 5h Läufern gruppiert hat. Hinter uns sind nur noch 2 oder 3 Läufer. Sind heute nur schnellere Runner hier?
Kurz vorm Km 7 kommen wir an den Werdersee. Hier am Ufer sind einige Ruderclubs die sich auf ihr Training vorbereiten in dem sie ihre Boote zu Wasser lassen. Wir umlaufen den See.
Kurz vorm Holzdamm bei km 10 verlassen wir das Weserufer. Hinterm 10km Schild gibt es eine weitere Versorgungsstation mit Wasser und Obst. Auf der heutigen Strecke sind rund alle 5 km Wasser und Verpflegungsstationen. Bei den heutigen Temperaturen ist das ausreichend.
Wir folgen dem Holzdamm bis zum Ende des Sees. Nun führt uns die Laufstrecke durch viel Grün über die Wehrstraße zum Oberkanal. Zwischen Oberkanal und Unterkanal befindet sich eine große Schleusenanlage die wir überqueren. Überqueren heißt die Rampe rauf und dann wellig übers Wasser.
Kurz danach geht es über das große Weserwehr auf die andere Seite der Weser. Am Weserkraftwerk biegen wir ab und erreichen den Hastedter Osterdeich. Es geht weiter über den Fußweg neben der Straße.
Schon nach kurzem geht es parallel vom Osterdeich zur Erdbeerbrücke auf der westl. Seite bis kurz vor die Weser. Dann unter der Brücke durch wo sich ein Verpflegungsstand befindet und auf der anderen Seite zurück zum Osterdeich. Linker Hand befinden sich viele Sportanlagen. Im Hintergrund kann man die Schüssel vom Weserstadion erkennen. Da geht es erst später durch, nun biegen wir ab in den Stadtteil Hastedt. Die Straßen sind hier von vielen schönen alten Gebäuden gesäumt und überall befinden sich Anwohner in Gruppen am Straßenrand die uns allen zujubeln. An mehreren Stellen gibt es die rollende Disco für die Anwohner und uns Läufer. Tolle Idee.
Nun kommt auch ab und zu ein Stück Pflasterstraße. Kurz vor der Dijonstraße bei km 18 unterqueren wir durch einen Tunnel die Kurfürstenstraße wo wir laut im Tunnel beschallt werden.
Hintern km Schild 20 gibt es nochmal Versorgung und dann biegen wir ab Richtung Rhododendronpark. Kurz bevor wir in den Park laufen kommt die Halbmarathonmatte mit Videoüberwachung. Die erste Hälfte ist geschafft und nun können wir rückwärts von 21 bis 0 zählen.
Der Rhododendronpark in Bremen bietet auf über 46 Hektar eine einzigartige Sammlung von über 600 verschiedenen Rhododendron-Arten und Azaleen. Die 300.000 Besucher jedes Jahr können die, zweitgrößte Sammlung weltweit, bestaunen. Da die Hauptblütezeit von Ende April bis Mitte Juni ist können wir heute diese Pracht nur vermuten. Heute zeigt der Park sein beginnendes Herbstkleid.
Bei km 24 erreichen wir die Universität. Nur einen Kilometer weiter kommen wir zur Schaubox der mit dem Universum Bremen eine interaktive Wissenschafts-Ausstellung ist. In den Gebäuden laden die Themengebiete Expedition Mensch, Expedition Erde und Expedition Kosmos ein die Exponate selbst aus zu probieren. Das Universum-Gebäude hat die Form einer überdimensionalen Muschel.
Kurz danach biegen wir ab auf die Parkallee. Hier am Anfang vom Stadtwald ist der Wendepunkt der Halbmarathonis gewesen, die jedoch eine andere Strecke wie wir gelaufen sind.
Ab hier haben wir den Restweg von 16km gemeinsam. Zwischen Stadtwald und Bürgerpark geht es durch die Grünanlage über die Melchersbrücke vorbei am Emmasee. Dieser schöne Park lädt heute viele Bürger zum Spazierengehen und auch zum Rudern auf dem See ein.
Wir kommen an den Torfkanal der auch die Farbe des Torfes hat. Den folgen wir zum Ende und auf der andern Seite über die Findorffallee geht’s zurück. Beim Blick über den Kanal sehe ich den Kölner Bernd Zitzen der vor dem Polizeiauto als letzter Teilnehmer unterwegs ist.
An der Kasseler Straße ist eine Gruppe am Feiern, von sich aber auch von uns Läufern. Auch für uns langsame Läufer haben sie noch volle Begeisterung. Hier werde ich gefragt: Bier oder Sekt? Ich greife zum Bier und bin mitten in den feiernden Finndorfern.
Nun umrunden wir den Stadtteil Findorff-Bürgerweide. Km 30 ist in der Hemmstraße. Weiter geht’s über Altstadtpflaster in die Landwehrstraße. Hier am Km 31 sind wieder viele nette und fröhliche Menschen am Feiern. Sie haben ein ganz tolles Büfett aufgebaut. Als ist stoppe um das zu Fotografieren werde ich sofort eingeladen die leckeren Speisen zu probieren. Auch hier werde ich gefragt ob ich Wein oder Sekt haben will. Als ich so ungläubig gucke fragt ein Mann oder lieber Bier. Ja, das war die richtige Frage Bier und Flammkuchen und dazu ein Lachshäppchen. Super lecker, danke, danke, danke.
Wie wir uns noch unterhalten kommt der letzte Läufer mit dem Polizeiauto vorbei. Jetzt heißt es für mich kurz Essen und Trinken beenden und dem Polizeiauto hinterher. Bernd aus Köln von der LG Schneewittchen läuft vor dem Polizeiauto.
Schon wenige 100m weiter gibt es frische und noch ganz warme Waffeln die ich natürlich auch probiere. Bremer ihr seid wirklich super!
Die nächsten Kilometer ziehen sich durch einige Schleifen bis zum Hafen Speicher I. Unterwegs kommen Bernd und ich ins Gespräch. Er freut sich heute besonders auf den Lauf durchs Weserstadion. Am Hafen geht es durch eines der großen Gebäude quer durch. Für uns wurde hier extra auf beiden Seiten eine Rampe mit rotem Teppich gelegt.
Über die Hafenpromenade geht es weiter zum Kaffee-Quartier. Die Wohn- und Bürogebäude sind alle neu und sehr schön. Ab dem Kaffee-Quartier wird es einstellig, es sind nur noch 9 km zum Ziel.
Danach geht es runter an die Weser auf die Promenade der wir flussaufwärts folgen. Direkt hier unten am Hafen gibt es noch eine Versorgungsstation. Es gibt nochmal Wasser und Iso. Hierbei kommen wir an der Schlachte vorbei. Oben auf der Mauer grüßen uns die vielen Menschen. Wie mir erzählt wird ist dies die Feiermeile mit vielen Biergärten und schönen Lokalen. Leider sind sie oben mit dem Bier und wir unten am Wasser.
Neben uns auf dem Wasser liegt eine alte Kogge und kurz dahinter ein Dreimaster der jetzt als Restaurant genutzt wird. Daneben bei den Arkaden liegt ein Theaterschiff.
Es geht weiter direkt neben der Weser zum Weserstadion wo der SV spielt. SV Werder Bremen kommt von SV=Spielverein – Werder – die Flussinsel= Werder und Bremen von der Stadt.
Es geht durch einen Tunnel direkt ans Spielfeld. Es ist toll so ein Stadion aus Spielersicht mal zu sehen. Die Ränge sind heute leider leer, denn der SV hatte gestern ein Auswärtsspiel.
Es geht einmal um den heiligen Rasen wo wir Läufer auch vom Stadionsprecher begrüßt werden. Hier auf der Trainerbank saß Otto Rehhagel 14 Jahre und führte dabei den Verein in den 1980er und 1990er Jahren zu Spitzenplätzen. Dann geht es auf der anderen Seite raus und zurück hoch zum Osterdeich.
Nun geht es auf den Heimweg zur Innenstadt. Vor mir sehe ich ganz klein eine Gruppe Läufer. Wie ich erfahre ist es der Bremer Emin da Silva der heute den Marathon rückwärts läuft. Ich meine nicht anders herum sondern wirklich im Rückwärtsgang. Ich brauche bis km 41 um auf die Gruppe aufzuschließen und das Foto zu machen.
Emin ist Türke mit deutschem Pass. Es wollte im Sommer von Bremen nach Istanbul laufen. Jeden Tag einen Marathon und das 67 Tage gleich 67 Marathons. Er schaffte es bis zur türkischen Grenze mit 63 Marathons, dann kam das aus. Die türkischen Grenzer ließen ihn nicht ins Land, so dass er sein Vorhaben 2700 km in 67 Marathons entnervt aufgeben musste.
Heute muss er nicht aufgeben er hat freie Strecke hier beim Marathon in Bremen. Ich begleite ihn und seine Helfer bis durchs Ziel. Dann gibt es erst die Medaille und dann kommen die Fotografen die uns mehrfach auf ihren Chip bannen. Franz ist auch dabei, er hat sein Ziel als Zugläufer knapp unter 5 Stunden geschafft.
Dann gibt es viel zu erzählen. Hinter dem Ziel kommt dann die Verpflegung die auch für die letzten Läufer noch sehr gut ist. Es gibt neben dem alkoholfreien Bier auch Wasser, Apfelschorle, Obst, Muffins und Brötchen.
Ins Ziel sind heute 739 Männer und 151 Frauen gekommen. Bei den Halbmarathonis kamen heute 2.884 Läufer ins Ziel und bei den 10km Läufern finishten 1.661.
Sieger Marathon:
Männer
Frauen
Dann noch schön heiß duschen und anschließend geht es nochmal in den St. Petri Dom. Die wunderschöne Ausstattung und Beleuchtung lädt zum Meditieren ein.
Anschließend bring ich meine Laufsachen ins Auto mache noch einen Spaziergang durchs sehr schöne Schnoorviertel mit einer Belohnung von handgearbeiteter Schoko-Torte und Kaffee.
Das Schnoorviertel ist für mich eines der schönsten Gassenviertel, zum Bummeln und leckeres zu Essen. Zwischen den schmalen Fachwerkhäusern gibt es hier im ehemaligen Fischerquartier und Taumacherviertel zahlreiche Cafes und viele außergewöhnliche Kunsthandwerk-Geschäfte. Schnoor ist plattdeutsch und weißt hier auf die wie auf einer Schnur aufgereihten schmalen Häusern hin.