Skatstadt-Marathon Altenburg 2009

In Altenburg läufts besser

06. Juni 2009 von Bernd Neumann

 

 Nach 3 Wochen Marathonpause habe ich jetzt wieder Lust auf die lange Strecke zu gehen. Zwischendurch bin ich 2 mal 5Km Wettkampf gelaufen. Ausgesucht habe ich mir den Skatstadtmarathon in Altenburg.

 Geografisch gesehen liegt die Stadt mit ihren ca. 38.000 Einwohnern im Städtedreieck Leipzig, Chemnitz, Gera. Altenburg liegt in einem Zipfel wo nach Westen nur 20km bis Sachsen-Anhalt und nach Norden und Osten nur knapp 20km bis Sachsen sind. Altenburg ist eine ehemalige Residenzstadt mit über 1000-jähriger Geschichte. Über die Region hinaus ist sie bekannt durch das hier um 1820 erfundene Kartenspiel Skat.

 Im heutigen Stadtgebiet entstanden schon vor sechstausend Jahren die ersten Siedlungen. Im 6. Jahrhundert entstand die erste Burganlage. Urkundlich erwähnt wurde Altenburg erstmals im Jahre 976 als Kaiser Otto II. die Stadt dem Bistum Zeitz schenkte. In der nächsten urkundlichen Erwähnung um 1132 wurde sie „castro Plysn“ genannt. Sie war Kaiserpfalz und lag an der Reichsstrasse „Via Imperij“, wodurch sich hier Handwerker und Kaufleute niederließen.

 Friedrich I. Barbarossa hielt sich zwischen 1165 und 1188 sechsmal in Altenburg auf und hatte großen Einfluss auf die Stadtentwicklung. Die St. Nikolaikirche entstand 1223, deren Kirchturm vorher als Wachturm diente. 1238 entstand das Franziskanerkloster und 1245 das Nonnenkloster Magdaleniterinnen (Weißfrauen).

 Angeblich wurden 1455 die beiden Prinzen Ernst und Albrecht des Kurfürsten Friedrich des Sanftmütigen aus dem Altenburger Schloss entführt. Die Söhne Friedrichs sind die Begründer der späteren enerstinischen (Thüringen) und albertinischen (Sachsen) Linie des Königreichs Polen, sowie der Länder Thüringen und Sachsen. Heute gibt es in Erinnerung an diesen Prinzenraub alljährlich die „Altenburger Prinzenraub Festspiele“. Die Vorstellungen finden vom 25. Juni bis 12. Juli als Open air im Residenzschloss statt.

 Anfang des 16. Jahrhunderts setzte der Kurfürst als evangelischen Prediger Georg Spalatin ein, der die Reformation in Altenburg vorantrieb. Durch seine enge Freundschaft zu Martin Luther besuchte dieser die Stadt mehrmals. Spalatin initiierte 1528 die erste Kirchenvisitation und säkularisierte (trennen von Staat und Kirche) die fünf Altenburger Klöster.

 Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Stadt so groß, das die mittelalterliche Stadtbefestigung aufgegeben wurde und in den Jahren 1825 bis 1836 alle fünf Stadttore abgerissen wurden. 1831 erhielt die Stadt eine neue Verfassung und so wurde auch das fast 600 Jahre alte Bierbannmeilenrecht abgeschafft. 1990 wurde die Stadt Altenburg im Zuge der Deutschen Wiedervereinigung an den Freistaat Thüringen angegliedert, obwohl in einer Volksbefragung sich die Einwohner mehrheitlich für Sachsen entschieden haben.

 Kulinarisch gesehen hat Altenburg zwei Spezialitäten, den Ziegenkäse und den Mutzbraten. Der Altenburger Ziegenkäse wird aus Kuhmilch mit 15% Ziegenmilch hergestellt und mit Kümmel verfeinert. Der runde Laib befindet sich auch bei uns im Käseregal. Der Mutzbraten (Mutz, ein Tier ohne Schwanz) ist ein faustgroßes Stück Fleisch aus der Schulter oder dem Kamm des Schweins. Es wird im Birkenholzrauch gegart und an Mutzbratenständen mit Brot und Sauerkraut verkauft.

 Die Stadt Altenburg hat für den kulturell Interessierten viel zu bieten. Dazu im Laufe des Laufes mehr. Angekommen in der Stadt fuhren wir direkt zum Alten Pflug. Diese große Halle ist Anmeldung, Gepäckaufbewahrung und später auch Dusche. Dieter meldete sich noch nach für den Marathon. Ich holte meine Unterlagen ab und probierte dann das Funktionsshirt, das es für 18€ extra bei Voranmeldung gab. Tolles Design und gute Qualität. Da wir noch 1 ½ Stunden Zeit hatten gingen wir Richtung Markt (ca. 400m) wo auch der Start/Ziel Bereich ist. Auf dem Weg dorthin fanden wir ein tolles Fotomotiv mit dem Fenster mit Blumen aber ohne Haus.

 Schon nach 200m sahen wir den Turm der Brüderkirche die oberhalb vom Markt liegt. Sie wurde erst 1905 erbaut und vereint Stilelemente der Neobacksteingotik, neoromanische Elemente und etwas Klassizismus und Jugendstil sind durchaus auch erkennbar. Ganz markant ist ein großes Mosaikbild an der Außenfassade, das die Bergpredigt darstellt. Die Fenster der Orgelempore zeigen Martin Luther, Johann Sebastian Bach sowie Paul Gerhard und den schwedischen König Gustav Adolf II. Ein Besuch der sich wirklich lohnt.

 Von der Brüderkirche aus hat man einen herrlichen Blick auf den Markt, wo schon emsiges Treiben stattfindet, denn der Kinder- und Jugendlauflauf über 3km, mit über 500 Teilnehmern begann gerade.

 Der Hauptmarkt, wird bereits 1192 als novum forum, also der Neue Markt erwähnt, ist der größte und schönste Marktplatz der von vielen alten Bürger- und Patrizierhäusern umschlossen ist. Bis 1776 befand sich hier noch ein Galgen. Neben dem Hauptmarkt gibt es auch noch den Korn-, Weiber- und Topfmarkt, sowie den Brühl. Der Korn- und Topfmarkt befinden sich parallel zum Hauptmarkt, wo heute auch Markt ist.

 Am Hauptmarkt befindet sich auch das Rathaus, das als eines der schönsten Renaissance-Rathäuser Deutschlands gilt. Erbaut wurde es zwischen 1562 und 1564 mit seinem achteckigem Treppenturm mit Kuppel und Laterne, Monduhr, Erker mit Reliefdarstellungen und Giebeln. Die "Thüringer Gaffköpfe" das sind Steinköpfe gelten als besonderer Schmuck.

 Nach unserem kleinen Rundgang durch die Innenstadt begaben wir uns zurück zum Goldenen Pflug um uns für den Lauf umzuziehen. Auf dem Weg zurück zum Startplatz auf dem Markt kamen jetzt von allen Seiten die Läufer, denn in den nächsten 20 Minuten gehen rund 850 Läufer und Läuferinnen auf ihren ausgewählten Kurs.

 Nachdem Dieter noch seine Jacke zu Rita gebracht hat stellten wir uns zum Start auf. Es gab jedoch eine Startverzögerung, denn erst mussten die 11 km LäuferInnen los. Mit 7 Minuten Verspätung gingen dann rund 500 Marathonis und Halbmarathonis auf die Strecke. Die Walker und Nordicwalker starteten 10 Minuten nach uns.

 Laut Veranstalter ist die Strecke ist äußerst anspruchsvoll und gilt unter Experten als echte Herausforderung. Dabei erleben die Athleten Kopfsteinpflasterpassagen in den Gassen der Altstadt, Waldboden in der grünen Lunge und Asphaltwege. Der gut trainierte Läufer wird die Strecke lieben. Etwas anders wird es derjenige empfinden, der dieser Strecke nicht die ihr gebührende Ehrfurcht entgegenbringt. Nun wir werden uns der Herausforderung stellen und mit entsprechender Ehrfurcht die Strecke beginnen.

 Nun geht es los und wir laufen über das Kopfsteinpflaster des Markts hinauf zur Brüderkirche. Über den Johannisgraben geht es weiter bergauf auf wechselnden Straßenbelägen. Wir sehen schon den Nikolaiturm und werden kurz davor in unserer Euphorie ausgebremst. Wir müssen durch eine Häuserenge wo man nur einzeln durchlaufen kann. Jetzt geht es wohl 1-2 Minuten im langsamen Gang bis wir durch sind. Das ist auch die erste Verschnaufpause, denn wir haben bis hierher schon den ersten Anstieg gemeistert. Nach der Enge öffnet sich der große Nikolaikirchhof den wir passieren. Hier gibt es mittelalterliche Musik.

 Die Nikolaikirche stand hier an der höchsten Stelle des alten Stadtgebietes. Die erste urkundliche Erwähnung war 1223. Zur Reformation stand dort ein Hochaltar und sechs Nebenaltäre. Wegen Einsturzgefahr wurde das Kirchenschiff 1528 abgerissen. Der 45m hohe Nikolaikirchturm der heute noch steht kann besichtigt werden. Das Stadtviertel um die Nikolaikirche hieß früher „Freiheit", da es auf kirchlichem Grundbesitz stand. Dies hatte auch den Vorteil, dass man somit von der städtischen Grundsteuer befreit war.

 Es geht weiter über Kopfsteinpflaster vorbei an renovierten und fast zerfallenen Häusern. Über die Langengasse geht es dann bergab direkt zum Großen Teich. Über die Teichpromenade führt der Weg vorbei an der Insel mit dem Inselzoo. Der Teich entstand im 12. Jahrhundert durch die Aufstauung der Blauen Flut. Die Insel entstand künstlich und soll angeblich für die Lustbarkeiten des Hofes gewesen sein.

 Auf relativ ebenen geschotterten Wegen geht es zwischen Freibad Süd und Kleingärten Richtung Hellwiese. Auf der Hellwiese befindet sich ein wunderschöner Märchenbrunnen. Wir umrunden die Hellwiese und kommen dabei am Steinbruchteich vorbei.

 Hinter der Hellwiese geht es mit einem Rechtsschwung in den Stadtwald. Jetzt beginnt eine 700 Meter lange Bergaufpassage durch den Stadtwald zum höchsten Punkt der Strecke, dem Bismarckturm (Turm der Jugend). Der Turm ist 37m hoch und wurde den Türmen der Stadtmauer nachempfunden. Dieser zweite lange Anstieg erscheint in der ersten Runde nicht schwer, denn wir sind ja noch frisch.

 Wir überqueren die Zwickauer Straße und laufen auf relativ ebenen Waldboden. Es geht vorbei am Waldstadion und Klinikum. Kurz nach dem überqueren der Paditzer Strasse ist der 5km Punkt erreicht. Hier befindet sich auch eine Getränkestation. Der Laufweg führt uns weiter gen Norden bis zum Ende des Stadtwaldes. Kurz vor der Käthe-Kollwitz-Strasse laufen wir über einen Bolzplatz und tauchen dann wieder in den Stadtwald ein. Weiter geht es über Waldwege bzw. Pfade zurück zur Padritzer Strasse. Dieser Streckenabschnitt ließ sich auf dem Waldboden gut laufen.

 Der Wald öffnet sich und wir kommen über eine Asphaltstrasse zur B 7/93 die wir überqueren und dann parallel rechtsseitig begleiten. Jetzt kommt ein heftiger Wind auf und Dieter und ich suchen uns zwei Läufer aus die direkt vor uns laufen und Windschatten geben. Dies funktioniert aber nur einen Kilometer bis wir kurz nach km 9 die Bundesstrasse unterqueren. Auf der anderen Seite der Strasse folgt dann der nächste kräftezehrende Anstieg. Es folgen einige Wellen bis kurz vor km 10. Hier unterqueren wir die B 7/93 und laufen parallel der B180 Richtung Eisenbahnlinie. Dieser Abschnitt ist eine „Bergaberholung“. Kurz vor der Eisenbahn geht es links ab und wir laufen ein Stück parallel zur Eisenbahnlinie. Jetzt kommt ein „Hammeranstieg“, denn auf den nächsten 2,5 km geht es fast ständig nur bergauf. Wir unterqueren die Bundesstrasse 7/93 und laufen weiter bergan zum Wilchwitzer Weg.

 Hinter der nächsten Kleingartenanlage geht es in die Vogelsiedlung. Vorbei am Falkenplatz führte die Laufstrecke durch einen engen Zick-Zack-Weg zur Schwanenstrasse. Es geht noch immer bergauf weiter über den Eselsweg. Hier ist der km 12,5. Wir laufen wieder durch Kleingärten zum Richard-Wagner-Platz. Dahinter gibt es wieder eine Kleingartenanlage die wir durchlaufen. Nach einer weiteren kurzen Erholung laufen wir der Poschwitzer Strasse entlang. Wer bis jetzt sein Pulver verschossen hat wird dies an der nächsten Steigung (Herausforderung der Extraklasse) sehr bereuen.

 Jetzt kommt der nächste Aufstieg über den Weißen Berg bis zur Poschwitzer Höhe. Wer jetzt noch gut drauf ist kann sich auf der großen Schleife durchs Industriegebiet ein wenig erholen. Wir kommen über die Porphyrstrasse (benannt nach dem vulkanischen Gestein, das ca. 250 Mill. Jahre alt ist) ins Gewerbegebiet Nord-Ost. Nach der großen Schleife geht es weiter südlich wieder durch Kleingärten zur Mozartstrasse. Hier ist Km 17,5. Über die Mozartstraße geht es zurück in Richtung Stadtzentrum. Über einen schmalen Schotterweg geht es bergab zur Leipziger Strasse.

Wir biegen ab in Richtung Schlossgarten und kommen nach ca. 500m vorbei an der ASS-Spielkartenfabrik. Die Gebrüder Bechstein haben die Spielkartenfabrik 1832 gegründet, aus der später die Marke ASS hervorging. Nach weiteren 500m erreichen wir das Lindenau-Museum und biegen in den Schlosspark ab. Am Eingang zum Schlosspark begrüßt uns ein Raubtier aus Bronze was auf das dahinter liegende Mauritanum (Naturkundemuseum) hin weißt.

 Der Politiker und Kunstsammler Bernhard August von Lindenau (1779 - 1854) legte den Grundstein für das heutige Lindenau-Museum. Das Gebäude beherbergt ganz individuelle kulturelle Erbe und Kunstschätze der letzten drei Jahrtausende. Hier ist auch die größte Sammlung frühitalienischer Tafelbildmalerei (Gegensatz zur Wandmalerei) nördlich der Alpen. Es gehört zu den 20 bedeutsamen Kultureinrichtungen in Ostdeutschland, durch die Aufnahme in das Blaubuch im Jahre 2001. In diesem prachtvollen Gebäude das zwischen 1873 und 1875 errichtet wurde ist auch eine Sammlung frühitalienischer Malerei, Keramiken und Gipsabgüsse.

 Das naturkundliche Museum Mauritanum, das 1907/1908 im Jugendstil erbaut wurde ist benannt nach dem 1907 verstorbenen Prinzen Moritz. Neben den Sammlungen der naturforschenden Gesellschaft des Osterlandes, befindet sich hier das weltweit größte Exemplar eines Rattenkönigs.

 Vor dem Lindenau-Museum wird es dann noch mal richtig ernst, denn es geht 500 Metern hinauf zum Schillerdenkmal. Diesen Anstieg empfiehlt der Veranstalter als Schicksalsberg, denn hier wird die Entscheidung des Rennens fallen. Hier werden die späteren Sieger gemacht und es werden sich die sportlichen Tragödien abspielen. Für Zuschauer ist an dieser Stelle die beste Gelegenheit, die Läufer leiden zu sehen.

 Das dieser Anstieg es wirklich in sich hat bekommen wir zu spüren, denn er ist nicht nur steil sondern auch rutschig durch den feinen Schotter mit dem der Parkweg belegt ist. Oben angekommen drehen wir eine Runde durch den Park und umlaufen das in Restauration befindliche Teehaus und Orangerie.

 Diese beiden Gebäude entstanden 1712. Das prachtvolle Innere entstand durch die Brüder Castelli. Heute versucht ein Verein die Gebäude zu dem ehemaligen Pracht und Glanz wieder zu verhelfen. In einem ähnlich schlechten Zustand befindet sich der in den Jahren 1846 bis 1851 entstandene herzogliche Marstall.

 Wir laufen zwischen Orangerie und Marstall durch und verlassen dabei den Schlosspark. Leider hinter den Bäumen verdeckt liegt die Agneskirche. Die Entstehung der Herzogin-Agnes-Gedächtniskirche klingt fast wie ein Märchen. Herzog Ernst I. ließ die Agneskirche zum Gedenken an seine Gattin errichten die nach 44-jähriger Ehe verstarb. Bei der Grundsteinlegung im April 1904 wurden 50 Rosen vor die Kirche gepflanzt. Die Rose das Symbol der Liebe, aber die Dornen bedeuten, dass Liebe auch Schmerz heißt. Im Eingangsbereich der im Jugendstil gebauten Kirche befindet sich rechts ein Relief von Herzogin Agnes. Vom Eingang bis zur Kanzel ist die Kirche mit Rosenornamenten gestaltet.

 Nun beginnt der wohl reizvollste, aber auch gefährlichste Teil der Strecke, denn wir kommen in den Altstadtbereich. Gleich hinter dem Schlosspark geht es über die Jungferngasse steil bergab. Danach wieder bergauf zur Berggasse und wieder stark bergab. Weiter durch die Torgasse vorbei an den Roten Spitzen von Altenburg. Die sind eingerüstet und vom Rot ist nichts zu sehen, nur die grauen Turmspitzen.

 Das Wahrzeichen der Stadt sind die Roten Spitzen. So werden die Türme der ehemaligen Marienkirche des Augustinerklosters genannt. Gestiftet hat das Kloster Friedrich I. Barbarossa und lies es aus Backstein errichten wie es zu damaliger Zeit in Italien modern war. Nach Auflösung der Klosters stürzte das Hauptschiff ein. Die Türme wurden in der spitzen Form um 1570 so gedeckt. Das Kloster wurde auch „berühmt“ durch seine gutgehende Fälscherwerkstatt für Dokumente.

 Das historische Altstadtpflaster mit all seinen Tücken und Kanten fordert die volle Konzentration eines jeden Teilnehmers. Jeder falsche Tritt könnte Stürze bedeuten. Obwohl der Blick jetzt nur auf die Füße bzw. das Pflaster sein muss, kann man rechterhand schon die ersten historischen Gebäude der Stadt sehen. Nun geht es wieder einen Fußweg parallel vom Kleinen Teich hoch, vorbei an einer hundertjährigen Eiche. Rechts ab über die Brücke und der Turm der Wasserkunst liegt vor uns.

 1213 schenkte Kaiser Barbarossa dem Bergerkloster einen Brunnen und eine Mühle. 1538 wurde die sogenannte Wasserkunst angebaut. Dieser Kunstturm entstand 1844/45 im florentinischem Stile eines italienischen Campanile und diente so bis 1878 der Stadt zur Wasserversorgung.

 Wir umrunden den Turm und kommen auf die Wallstrasse. Hier steht eine jugendliche Rockband die mächtig laute Musik macht. Kurz dahinter ist eine große Trommelgruppe die eine komplette Show für das Publikum und natürlich auch ein wenig für die vorbeilaufenden LäuferInnen inszeniert.

 Jetzt kommt auch wieder ein Stück Laufstrecke mit Asphalt auf der Wallstrasse. Der weitere Weg führt vorbei am Gericht und der Post. Zwischen Post und Theater sehen wir zum ersten Mal die gotische Schlosskirche. Die Laufstrecke führt direkt auf das historische Schloss zu.

 Das Schloss Altenburg steht auf einem Porphyrfelsen (vulkanische Gesteine). Es wurde auf die Reste einer ehemaligen slawischen Wallanlage errichtet. Im 12. Jahrhundert stieg es unter Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) zur Kaiserpfalz auf. Als ehemaliges Residenzschloss war es auch der Sitz der Herzöge von Sachsen-Altenburg.

 Das sehr sehenswerte Schloss hat viel zu bieten wie z.B. Im Hauptgebäude, dem Corps de Logis befinden sich neben den prächtigen Residenzräumen auch der klassizistische Goldsaal, der barocke Festsaal und der Bachsaal. Der Festsaal der zwischen 1730 und 1745 entstand ist rund 8 Meter hoch und zweistöckig. Auf der Empore befinden sind schöne Marmorsäulen. Ein großes Deckengemälde mit der Abbildung der mythischen Figuren Amor und Psyche schmücken den schönen Saal. Der Bachsaal (Kirchensaal) wurde nach einem Brand in Neorenaissanceformen wiederhergestellt. Das Prinzenpalais und das Hofmarschallamt sind palaisartige Gebäude im Stil der Neorenaissance. Die gotische Schlosskirche wurde 1404-1414 erbaut und nach dem Brand 1444 wieder im spätgotischen Stil neu aufgebaut. Sehenswert sind der zweistöckige Altar, die Fürstenloge und die Emporen aus dem 17. Jahrhundert. Auf der 1739 erbauten Orgel spielte auch schon Johann Sebastian Bach.

 Von den ursprünglichen sieben Türmen ist der Hausmannsturm der höchste mit 32m. Zum Turmzimmer führt ein stufenloser Wendelgang. Die Flasche ist ein Turm der im Jahre 1000 erbaut wurde und bis zu 4 Meter dicke Mauern hat. Die Junkerei früherer Pferdestall wurde im 16. Jahrhundert erbaut in dem später auch die Pagen und Junker gewohnt haben. Nach dem Brand 1987 wurden die Gebäude nach der Wende wieder neu aufgebaut. Das Torhaus das bis 1640 der einzige Zugang war wurde in der Zeit der Renaissance gebaut. Das ehemalige Waschhaus das 1864 im neogotischen Stil erbaut wurde hatte eine Zisterne und war damit für die Wasserversorgung des Schlosses zuständig. Über Jahrhunderte wird hier schon gebaut und restauriert und umgebaut. Bekannt wurde das Schloss auch durch den "Sächsische Prinzenraub" im Jahr 1455. Sehenswert ist auch der östlich an das Schloss angrenzende Schlosspark, der schon viele Gestaltungsformen überlebt hat.

 Wer seinen Blick nur auf das Schloss richtet verpasst eines der schönsten Gebäude linkerhand, denn auf Höhe der alten historischen Post beginnt schon das Landestheater mit seinem herrlichen stilvollen Gebäude. Da wir vor dem Schloss links abbiegen müssen sollte man auch den Blick ganz nach links nehmen und dann sieht man das Theater in seiner vollen Pracht.

 Das Landestheater von Altenburg wird auch „Kleine Semperoper“ genannt, denn sie wurde im Stile der Neorenaissance 1869/70 dem großen Vorbild nachgebaut. Den markanten Vorbau erhielt sie 1904/05 wo noch mal das Gebäude umgebaut wurde.

 Die Laufstrecke führt jetzt direkt unterhalb des Schlosses in den kleinen Park. Beim Blick rechts durch die Bäume sind Teile des Schlosses erkennbar. Hier umrunden wir den Pauritzer Teich und kommen auf die Rosa-Luxemburg-Strasse. Wir laufen ein Stück der Straße entlang und kurz hinter dem km 20 Schild geht es dann durch die Glockengasse, einem schmaler Fußweg. Hier beginnt dann auch der letzte Aufstieg.

 Hinter der Glockengasse biegen wir links ab auf die Pauritzer Strasse und kommen an den Ort des ehemaligen Tores zu Pauritz. Die Verlängerung ist der Brühl ein ehemaliger Marktplatz. Wir laufen über den Brühl und kommen vorbei am Seckendorffschen Palais und dem davor liegenden Skatbrunnen.

 Das Seckendorffsche Palais wurde nach dem Generalfeldmarschall Reichsgraf Friedrich Heinrich von Seckendorff benannt. Es ist das hervorragendste barocke Bauwerk der Stadt. In den Jahren 1810 – 1817 bewohnte dies Friedrich Arnold Brockhaus, der hier den Grundstein für seinen Verlag legte.

 Seit 1903 sprudelt ein einzigartiges Denkmal auf dem Brühl. Der Magnet für Skatspieler aus aller Welt ist der Skatbrunnen mit dem glücksbringenden Brunnenwasser für die Kartentaufe. Auf dem Brunnen raufen sich die vier Wenzel um die Rangfolge im Skat. Im Altenburger Schloss befindet sich das Spielkartenmuseum mit einer großen Vielfalt von unterschiedlichen Spielkarten aus aller Welt und vielen Jahrhunderten.

 Am Ende des Platzes ist das Amtsgericht vor dem wir nach rechts abbiegen und kommen zum Kirchberg. Hier steht die älteste Kirche von Altenburg die Bartholomäikirche, die im Jahre 1523 durch einen Riesenskandal bekannt wurde. Martin Luther hat hier nach evangelischem Zeremoniell am 15.04.1523 Dr. Wenzelaus Linck mit einer Altenburgerin verehelicht. So wurde die Bartholomäikirche erste evangelische Stadtkirche und der erste Superintendent war Georg Burkhardt, genannt Spalatin.

 Die letzten 500m führen über die „Hinter der Waage“ Strasse die oberhalb parallel der Wallstrasse verläuft. Durch die Marktgasse biegen wir ab auf den Markt direkt zum Ziel vor dem Rathaus.

 Die Halbmarathonis haben es nun geschafft. Für uns die Marathonis gibt es eine Marathonweiche, wir laufen rechts am Ziel vorbei in die 2. Runde. Für uns fehlt hier ein Getränkestand, denn der nächste ist erst in 5km.

 Der Vorteil einer 2. Runde ist man kennt die Strecke und kann sich manche schönen Dinge an der Strecke nochmals ansehen. Der Nachteil ist man kennt auch alle Steigungen und die muss man zum 2. Mal hoch. Der Unterschied zur 1. Runde ist das der Körper schon eine Strecke geleistet hat und die Berge nun doppelt so hoch erscheinen. Man nimmt plötzlich Steigungen wahr, die man in der ersten Runde gar nicht als solche empfunden hat.

 Wir verlassen den Markt in Richtung Brüderkirche und man merkt sofort jetzt beginnt die Einsamkeit des Marathonis. Vor mir und hinter mir sind kaum noch Läufer zu sehen. Ich hatte Dieter kurz vor Ende der 1. Runde verloren, da ich soviel fotografiert habe. Erst nach einem Kilometer in der Langgasse sehe ich ihn wieder und laufe kurz vor dem Großen Teich zu ihm auf. In Höhe des Schwimmbades beginnt es leicht zu regnen. Auf der langen Steigung im Stadtwald wird der Regen stärker und es wird nass von oben und auf den Wegen. Im Wald wird es dadurch teilweise rutschig. Kurz vor der B7/93 kommt auch wieder Wind auf und es wird jetzt empfindlich kalt.

 Dieter und ich laufen jetzt die 2. Runde zusammen und so wird es in diesem grau in grau auch nicht langweilig. Hinter dem Schlosspark geht es bergab in die Jungferngasse. Jetzt beginnen die längeren Kopfsteinpflasterpassagen die wir langsam runter laufen um nicht zu rutschen oder ins stolpern zu kommen. Alles geht gut. Fotografieren im Regen und Kälte macht jetzt keinen Spaß mehr und außerdem sind die Finger eiskalt, womit ich Kamera kaum noch bedienen kann. Gut das ich in der 1. Runde viele Bilder geschossen habe.

 Der rote Sand im Park unterhalb des Schlosses saut die Schuhe noch mal richtig ein und der Regen und die vielen Pfützen können nur einen Teil davon wieder abspülen. Km 42 ist in der Marktgasse und nun geht es lächelnd auf dem letzten Anstieg durchs Ziel.

 Hinter dem Ziel bekommen wir eine schöne Medaille die ein Kartenspiel darstellt. Als Präsent erhalten wir noch eine Geschenkpackung mit Altenburger Bier.

 Wir gehen zum Versorgungsstand der noch reichlich gedeckt ist wie auch alle Getränkestände unterwegs in der 2. Runde. Die Versorgung während des ganzen Laufes ist hier vorbildlich. Da wir in der 2. Runde viele Steigungen gegangen sind sind wir auch nicht so erschöpft wie bei manch anderem Marathon.

 Als Fazit zur Strecke nehme ich die Aussage des Veranstalters: Wer den Altenburger Skatstadtmarathon schafft, braucht keine klassische Marathonstrecke dieser Welt mehr zu fürchten! Mein Garmin Forerunner 305 zeigt mir auf den 42,2 km eine kumulierte Höhendifferenz von 1.670 Metern an.

 Nun wird es kalt und wir begeben uns zum Goldenen Pflug wo herrlich heiße Duschen auf uns warten. Wir genießen es und wärmen unsere Muskeln gut durch. Anschließend begeben wir uns noch mal auf den Markt und lösen unsere Gutscheine für Bratwurst und Bier ein. Dieter holt noch unsere Urkunden im roten Zelt.

 Da es noch immer regnet wollen wir uns auf dem Heimweg machen obwohl die Stadt noch so manche schöne Dinge für den Touristen bereit hält. So verzichten wir heute auf die nur wenige Fußminuten vom Nikolaikirchhof entfernte Destille, die zur Verkostung und Besichtigung einlädt. Wer es lieber mit weniger Prozenten hat kann auch die im Norden gelegen Altenburger Brauerei im Stadtteil Kauerndorf besichtigen. Hier wird nach dem Deutschen Reinheitsgebot seit 1871 Gerstensaft gebraut. Sehenswert ist auch das im Jugendstil erbaute Sudhaus.

 Fazit: Ein neuer Marathon der die Szene weiter belebt und auch ein Grund Altenburg mit seinen vielen Sehenswürdigkeiten kennen zu lernen. Die Organisation ist hier perfekt, angefangen von der Anmeldung über Straßenabsperrungen, Getränkestände und den vielen, vielen Ordnern die auch im Regen noch immer sehr nett und hilfsbereit waren. Ein Lauf der zum Wiederkommen einlädt. Das Startgeld mit 20 bzw. 25€ ist moderat, das Funktionsshirt ist sehr schön und mit 18€ wirklich angemessen, die heißen Duschen sind auch nicht überall selbstverständlich. Altenburg bzw. Veranstalter: Kanu- und Freizeitsportverein Altenburg- Windischleuba e.V. DANKE. Letzte Marathonläufer im Ziel waren nach 5 St. 25 Min. Elke Gill W55 und Bernd Seitz M70, die beide in offenen Sandalen liefen.

 

Ergebnisse:

Marathon männlich:

1. Platz: 02:40:23 . Torsten Schneider LAZ Puma Troisdorf/Siegburg

2. Platz: 02:41:09 . Steven Michel LG eXa Leipzig

3. Platz: 02:56:08 . Lars Rößler Jena

Dieter Reich 4:44:48 Gesamtplatz 122. m 112. 5. AK 65

Bernd Neumann 4:44:49 Gesamtplatz 123 m 113. 9. AK 55

Marathon weiblich:

1. Platz: 03:21:37 . Silvia Schmied Halle / Saale

2. Platz: 03:35:06 . Ute Pein PSV Leipzig

3. Platz: 03:54:54 . Petra Kappauf IfL Fichtelgebirge

 

Im Ziel: 155 Marathon - 345 Halbmarathon - 225 11-km Lauf - 33 21,1-km Walking - 88 11-km Walking - 504 3-km Lauf

Gesamt: 1.350 TeilnehmerInnen im Ziel